Segeln wollten wir, erstmal bis Sizilien fuer den Winter
Doch es kam anders als geplant. Nach den Motorproblemen am Anfang unserer Reise sind wir nun ein Stueck weiter. Ein kleines Stueck. Geradezu minimal – global gesehen. Um kurz darauf wieder haengen zu bleiben.
Nach unserem unfreiwilligen Aufenthalt in Vrsar sind wir bis Banjole, bei Pula gekommen. Mit Vorsegel und Motor, soweit problemlos. Wir verbringen hier noch eine Nacht in der geschuetzten Paltana-Bucht. Am naechsten Morgen, Dienstag, 21. November, geht es erst ueber den Kvarner, weg von Istrien nach Susak. Alle 3 Segel werden gesetzt, der Motor arbeitet brav. Alles laeuft gut, bis zu dem Moment, wo ein Spannring von einer Winsch am Mast ins Wasser springt. Nungut, dann eben ohne diese Winsch. Geht auch.
Mittwoch, 22. November, unter voller Besegelung machen wir uns auf zur Insel Ist, ueberlegen zwischendurch, wegen einer Schlechtwetterfront Ilovik anzusteuern. Wir bleiben bei unseren Plaenen und kommen rechtzeitig zum Sonnenuntergang in Zapuntel auf der Insel Molat an und sind sogar etwas weitergekommen als gedacht.
Donnerstag, 23. November, nachdem der Wind bisher nur maessig fuer Vortrieb gesorgt hat ist der Motor meistens mitgelaufen und wir steuern Zaglav auf Dugi Otok an, hier gibt es eine Tankstelle. Vollgetankt und zufrieden frage ich die Angestellte der Tankstelle ob wir hier fuer die Nacht, oder je nach Wetter auch etwas laenger bleiben koennen.
Kein Problem, einfach am Steg festmachen solange wir wollen, Wasser kann sie uns nicht versprechen, einfach versuchen, wenn es geht koennen wir uns gerne bedienen. Auf die Frage nach den den Kosten lacht sie nur und meint „for free, dont worry“. Vollgetankt, rundherum kristallklares Wasser, Trinkwasser und Liegeplatz gratis und windgeschuetzt – zu gut um wahr zu sein?
Probleme im Masttop lokalisieren
Am Freitag will Eric mich in den Mast hochziehen. Vielleicht ist das Problem mit dem Grossfall ja schnell zu loesen. Klettergurt angelegt, ordentlich eingebunden will Eric mich ueber die Ankerwinsch hochziehen. Doch leider, Fehlanzeige. Nun blockiert auch die Dirk! Wir probieren ein wenig herum und stellen fest, dass die
Bedienung ohne Last (also Segel oder ich) problemlos funktioniert. Gut zu wissen, hilft uns aber jetzt auch nicht weiter.
Zwischendurch werden wir vom Steg aus angeplaudert, muessen wir nun doch etwas bezahlen? Nein, es sind Kim
& Giel (DollyTravelsTheWorld), 2 junge Reisende aus Holland. Seit 2 Monaten sind sie mit Dolly, ihrem Mercedes-Bus Oldtimer unterwegs. Aktuell auf Dugi Otok, so wie wir. Sie haben von der Tankstelle aus die Adresse von diesem Blog entdeckt (seit Neuestem auf dem Baum aufgeklebt 😉 ) und ein bisserl reingelesen. Danach haben sie beschlossen, dass sie unbedingt Hallo sagen muessen.
Neue Freunde
Wir verbringen den restlichen Tag und Abend gemeinsam auf Tiki und verabreden uns fuer den naechsten Tag. Ausflug zum Leuchtturm Veli Rat am anderen Ende der Insel. Super Sache. Wir borgen den Beiden eine Stirnlampe fuer den Heimweg und freuen uns auf den naechsten Tag.
Am 25. November, gegen zehn Uhr hoeren wir lautes Motorengeraeusch, ein Blick in Richtung Land gibt uns Gewissheit. Ein sensationeller Oldtimer-Bus in „erbsenspeibgruen“ parkt vor unseren Augen. Geniales Teil. Kim und Giel steigen gut gelaunt aus, Kim bietet uns (wie in Zukunft noch sehr oft) Kaffee und Tee an, danach machen wir uns auf die Reise. Nicht nur auf Tiki scheppert es und ist laut wenn der Motor lauft. Dolly kann das auch ganz gut. Nach ca 45 Minuten erreichen wir unser Ziel. Ohne motorisiertes Landfahrzeug waeren wir nie bis zum Leuchtturm gekommen. Genaugenommen ist der Leuchtturm (um diese Jahreszeit?) nicht fuer Besucher geoeffnet. Hm, vielleicht laesst sich da was machen, waere doch schade diese Aussicht zu versaeumen. Doch wir finden keinen Leuchtturmwaerter. Nungut, dann essen wir erst mal eine Kleinigkeit. Waehrend der Vorbereitungen sieht Kim dann doch noch jemanden und wir duerfen nach dem Essen hinauf. Hurra 🙂
Als hier noch das oesterreichische Kaisertum regierte wurde 1849 dieser 42 Meter hohe Leuchtturm erbaut und ist
bis heute der hoechste Leuchtturm an der Adria. Insgesamt wurden muendlichen Ueberlieferungen zufolge 300.000 Eier verarbeitet, fuer die gelbliche Aussenfarbe 100.000 Eigelb verwendet. Die Eier wurde in die Waende eingearbeitet und bieten zusaetzliche Stabilitaet und sind so vorteilhaft gegen Wind und die salzhaltige Luft, dass er noch nie renoviert werden musste.
Die 210 Stufen bis nach oben verlangen uns Einiges ab, der Ausblick ist es aber wert – trotz fehlendem Sonnenschein. Der Wind ist hier wesentlich staerker als am Boden, sogar Kims Dreadlocks wehen ihr munter um den Kopf wenn sie nicht in der Jacke verstaut sind.
Gut gelaunt treten wir den Rueckweg nach Zaglav an und schmieden Plaene fuer die naechsten Tage, wir wollen noch etwas sehen, aber nicht ewig haengenbleiben. Der Winter steht auch hier schon vor der Tuere.
Schlechte Neuigkeiten
Wir basteln uns aus vorhandenen Teilen eine alternative Moeglichkeit in den Mast zu kommen. Diesmal will Eric hinauf, wir bitten Kim und Giel um Hilfe. Mit der elektrischen Ankerwinsch koennen wir Eric schliesslich hinaufziehen, und er kommt mit schlechten Nachrichten zurueck.
Im Masttop sind die Umlenkrollen fuer Dirk und Grossfall gebrochen. Beide. Das koennen wir so schnell nicht reparieren. Vermutlich muessen wir dafuer sogar den Mast legen. Schoene Scheisse, aber ist jetzt nicht zu aendern, bei der Gelegenheit koennen wir dann vielleicht noch ein paar andere Dinge erledigen und optimieren. Wir versuchen es positiv zu sehen, obwohl diese Diagnose heisst, dass wir laenger ohne Grosssegel auskommen muessen. Ungemuetlich, aber machbar.
Tropfsteinhoehle
Unsere Freunde wissen von einer kleinen Tropfsteinhoehle, die wir uns natuerlich auch ansehen wollen. Nachdem das Wetter aber gerade ungut ist, reparieren und verbessern wir unsere transportablen Haeuser und warten ab. Gemeinsames kochen und nette Spieleabende verkuerzen die Wartezeit.
Endlich spielt das Wetter mit. Am 1. Dezember machen wir uns auf zur Hoehle. Die Schotterstrasse ist so breit wie der Bus, daneben geht es steil bergab zum Meer. Hoffentlich kommt uns niemand entgegen! Bergauf, bergab, niemals haetten wir uns mit einem normalen PKW ueber diese Strecke getraut, geschweige denn mit einem Bus. Giel sitzt gelassen am Steuer und bringt uns sicher zum Hoehleneingang, wendet den Bus auf minimalstem Raum und wir verschwinden gemeinsam im Berg.
Ich bin begeistert als ich kleine Kothaeufchen am Boden sehe. Fledermaeuse! Da, und da – dort ist noch eine und
hier eine auf Augenhoehe und ueberhaupt! Ich bin happy 🙂 Ich liebe diese Tiere einfach. Die Tropfsteine sind imposant und es ist angenehm, alleine, ohne laute Touristen, kitschige Beleuchtung und Aufpassern in der Hoehle herumzustreifen.
Auf dem Weg retour hat einer der Aussenspiegel kurz Kontakt mit dem Wegesrand und bricht an einer Ecke. Die Beiden nehmen es recht gelassen.
Zadar
Am 4. Dezember nehmen Eric und ich die Faehre nach Zadar und sehen uns die Stadt ein wenig an. Viel wichtiger ist es an diesem Tag jedoch den Proviant aufzustocken. Mit 2 riesigen Rucksaecken kaufen wir um 6:30 zwei Tickets fuer die Faehre. Nach einer Stunde sind wir in Zadar, wir haetten mit Tiki 4 Stunden fuer diese Strecke gebraucht. Wir haben etwa 8 Stunden Zeit, um 15:10 geht die Faehre zurueck. Wir sehen uns natuerlich die beiden Haefen in Zadar an, auch der ein oder andere Marineshop werden besucht. Ersatzteile braucht man ja immer.
Im Stadthafen treffen Welten aufeinander. 2 riesige Segelschiffe werden gerade von der Mannschaft (Angestellte)
bearbeitet. Ein traditionelles Holzschiff, rot mit weissen Details und goldenen Verzierungen. Direkt daneben in dunkelblau-Hochglanz gehalten ein modernes Segelschiff mit jedem erdenklichen Komfort. Es wuerde mich nicht wundern, wenn es hier einen beheizten Outdoor-Whirlpool gibt. Betreten koennen wir die Schiffe leider nicht.
Wir machen uns auf die Suche nach einem Supermarkt, finden einen Konzum und kaufen gross ein. Nachher schleppen wir unsere ueberfuellten Rucksaecke zum Adventmarkt und goennen und in der Naehe eine Pizza und eine Pause. Bevor wir zur Faehre zurueckstapfen, erklimmen wir noch einen Huegel und geniessen die Aussicht ueber die Hafenbucht und den Mast-Wald zum verschneiten Velebitgebirge.
Am Abend kocht Kim, gegessen wird auf Tiki und wir starten probehalber den Motor – ein letzter kurzer Check, morgen wollen wir weiter.
Haengenbleiben
Doch leider, Du ahnst es schon… Der Motor stirbt ab und laesst sich nicht mehr starten. Wir sind uns alle einig, es klingt, als wuerde er keinen Diesel bekommen. Luft im System. Schoener Mist.
Am naechsten Tag bringen Kim und Giel uns mit deren Bus „Dolly“ (und Tigo 😉 ) in die Nachbarortschaft Sali zu Frane, dem Motorenspezialisten auf der Insel. Nachdem wir ihm das Problem geschildert haben uebergeben wir ihm noch 2 Schrauben mit der Bitte neue zu bestellen. Eine davon ist aus Kunststoff vom Vorfiltergehaeuse des Dieselfilters. Die gibt es nicht als Ersatzteil. Kurzerhand bietet Frane an sie aus Messing neu zu fertigen. Perfekt.
Am naechsten Tag kommt Frane und faengt mit den Arbeiten an. Die Gummipuffer von unserem Motor waren komplett weg. Das hat er so noch nie gesehen und bietet uns an, auch hier Neue einzubauen. Muss er aber aus Zadar bestellen, geht erst morgen. Kein Problem, darauf warten wir gerne. Zwischendurch findet Frane immer wieder Kleinigkeiten, die wir „in den naechsten Monaten“ auch ersetzen sollten. Nix da, wir bitten ihn, alle verdaechtigen Teile gleich zu tauschen, auch wenn es laenger dauert.
Das Wochenende ist gekommen, Frane kommt mit einem Teil am Samstag vorbei, bietet an es einzubauen, damit wir weiterfahren koennen. Wir lehnen dankend ab, uns ist es lieber noch ein paar Tage zu warten, dafuer ist dann auch der Rest geliefert und montiert.
Am Montag laeuft der Motor wieder einwandfrei, Frane war ein Goldgriff und jeden Cent und auch die Wartezeit wert. Am teuersten waren die Gummipuffer fuer den Motor, da kann Frane aber nichts dafuer. Er hat wirklich gute Arbeit geleistet, war trotz beengten Platzverhaeltnissen immer gut gelaunt und man sieht, dass ihm seine Arbeit Spass macht.
Warten aufs Wetter
Montag, 11. Dezember, wir bleiben noch einen Tag hier und machen klar Schiff, verstauen hier etwas, reinigen dort noch ein wenig und entspannen uns. Das Grosssegel funktioniert zwar nicht, aber einer Abfahrt am naechsten Tag steht nichts mehr im Weg. Es soll ein leicht bewoelkter, relativ windstiller Tag werden. Segeln ist ohne Wind zwar nicht moeglich, aber wir koennen unter Motor ein Stueck weiter in den Sueden.
Zaglav ist der Name der verschlafenen Ortschaft mit ca 150 Einwohnern in der wir nun 3 Wochen verbracht haben. Urspruenglich wollten wir nur 2-3 Naechte auf besseres Wetter warten. Uebersetzt heisst Zaglav in etwa: haengenbleiben, stecken bleiben, … Die Einheimischen koennen uns leider nicht sagen, woher der Name kommt, aber ich denke, das haben wir inzwischen selber herausgefunden 😀
Kontaktdaten von Frane, falls Du auch mal auf Dugi Otok haengenbleiben solltest und Probleme mit dem Motor hast, Ersatzteile oder ein Motorservice brauchst: Car & Boat Service Frane, Sali, Dugi Otok, Tel.: 00385 95 814 2997 / 00385 98 687 129 Mail: frane.service@gmail.com Er spricht gut Englisch und ist zuverlaessig.
Hallo ihr zwei !!!!
So stelle ich mir ein Aussteigerleben vor !
Echt genial !!!
Ich wünsche euch ein wunderschönes Weihnachtsfest und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel !!!!
Danke Wolfgang, Dir auch schöne und erholsame Feiertage.
Für uns gehts gleich weiter Richtung Süden, Wetter sieht gut aus!
Liebe Grüsse